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Rechtliches Geschlecht

Das rechtliche Geschlecht ist ein jeder Person zugeordneter juristischer Status, der in der Regel unmittelbar nach der Geburt anhand körperlicher Merkmale bestimmt wird. Es ist ein Aspekt des Personenstands; andere Aspekte sind der Name oder der Familienstand („ledig“, „verheiratet“, „verpartnert“, „geschieden“ usw.).

Binarität des rechtlichen Geschlechts

Die meisten Rechtsordnungen sehen nur zwei rechtliche Geschlechter vor, nämlich „weiblich“ und „männlich“. An diesen Rechtsstatus werden dann unterschiedliche Rechte geknüpft, insbesondere im Familienrecht, aber oft auch in anderen Rechtsgebieten (z.B. bei der Wehrpflicht).

Anderer rechtlicher Status als "weiblich" und "männlich"

Eine noch geringe, aber zunehmende Zahl von Rechtsordnungen sieht einen weiteren Status neben „männlich“ und „weiblich“ vor, darunter z.B. Australien, Deutschland, Indien, Malta, Nepal und Pakistan.

Deutschland

Nichteintragung des Geschlechts im Geburtenregister in Deutschland

In Deutschland ist in § 22 Abs. 3 des Personenstandsgesetzes geregelt, dass intersexuelle Kinder ohne Geschlechtsvermerk in das Geburtenregister eingetragen werden sollen. Es ist möglich, aber nicht erforderlich, dass später ein Geschlecht nachgetragen wird. Wurde bei der Geburt ein Geschlecht eingetragen, obwohl das Kind intersexuell war, kann der Vermerk auch wieder gestrichen werden.1) Daraus ergibt sich, dass auf eine solche Person weder Regeln für Männer noch Regeln für Frauen anwendbar sind. Die Person hat also - ggf. ihr ganzes Leben lang - einen sowohl gegenüber Frauen als auch gegenüber Männern verschiedenen Status, ohne dass dies formal als „drittes“ Geschlecht bezeichnet wird.

Intersexuellenvertretungen haben das Gesetz kritisiert, und zwar nicht wegen der grundsätzlichen Eröffnung eines dritten Geschlechtsstatus sondern weil nun bei intersexuellen Kindern dem Gesetzestext nach ein Geschlecht auch dann nicht eingetragen werden kann, wenn die Eltern das wollen, was das Risiko mit sich bringe, dass der Druck auf die Eltern, geschlechtsanpassenden Operationen zuzustimmen, sich sogar erhöht.2) Andererseits wird kritisiert, dass ein von „weiblich“ und „männlich“ abweichendes Geschlecht nicht explizit im Geburtenregister eingetragen werden kann, sondern das entsprechende Feld nur einfach leer bleibt.3)

2016/2017 wurde der Streichung des Geschlechtseintrags einer nicht intergeschlechtlichen trans Person nach diesem Gesetz zugestimmt.4)

Positiver Eintrag eines anderen Geschlechts als weiblich oder männlich im Geburtenregister in Deutschland

Mit Beschluss vom 10. Oktober 2017 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden (1 BvR 2019/16), dass der Gesetzgeber bis Ende 2018 entweder den Geschlechtseintrag im Geburtenregister ganz abschaffen oder neben der Möglichkeit der Nichteintragung einen positiven Eintrag eines anderen Geschlechts als weiblich oder männlich ermöglichen muss. Das muss aber nicht notwendigerweise der von der beschwerdeführenden Person gewünschte Eintrag „inter/divers“ sein.

Am 13. Dezember 2018 hat der Bundestag und am folgenden Tag der Bundesrat das „Gesetz zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben“ verabschiedet, es muss bis Ende 2018 verkündet werden und in Kraft treten. Danach gibt es künftig auch die Möglichkeit des Eintrags „divers“. Das Gesetz regelt dies aber nur für körperlich zwischengeschlechtliche Menschen und verlangt im Prinzip ein ärztliches Attest als Nachweis (SZ: Drittes Geschlecht im Geburtenregister möglich). Das Gesetz ist am 22. Dezember 2018 in Kraft getreten (Gesetzestext).

Österreich

Am 15. Juni 2018 hat der Verfassungsgerichtshof entschieden, dass „Geschlecht“ laut Personenstandsgesetz zwar einzutragen ist, aber mangels Konkretisierung nicht auf männlich oder weiblich beschränkt.5)

Der in Österreich Ende 2018 herausgegebene Erlass 6) zum Geschlechtseintrag „divers“ legt fest, dass nur intersexuelle Personen nach medizinischer Begutachtung diesen Geschlechtseintrag beantragen können. Nonbinary/agender/genderqueere Personen, die nicht intersexuell sind, haben damit nach aktueller Gesetzgebung in Österreich nicht die Möglichkeit, ihren Personenstand auf „divers“ ändern zu lassen. Das Urteil des Verfassungsgerichtshofs, das diesen Erlass erzwungen hat, würde nonbinary/agender/genderqueere Personen allerdings nicht aus dem Geschlechtseintrag „divers“ ausschließen. Das Urteil wurde von der Regierung im Erlass von 2018 aber leider so eng wie möglich ausgelegt, was eine Änderung des Personenstands auf „divers“ für nicht-intersexuelle Personen derzeit verunmöglicht.

rechtliches_geschlecht.txt · Zuletzt geändert: 2024/01/07 14:20 von mesengerman